[size=150]Ob der Ego-Shooter Bioshock 2 an die Qualität des gruselig guten ersten Teils anknüpfen kann?
Die Unterwasserstadt Rapture: Vision, mögliches Utopia, letztlich Albtraum.
Im Ego-Shooter Bioshock 2 statten wir der Metropole tief im Atlantik abermals einen Besuch ab und stellen fest: Viel hat sich nicht verändert.
Noch immer vermodern die Gebäude. Noch immer verunzieren Schmierereien die einst üppig geschmückten Wände. Noch immer kreuchen und fleuchen entstellte und wahnsinnige Menschen (Splicer) umher. Noch immer wandern kleine Mädchen auf der Suche nach der mächtigen Droge Adam durch die zerfallenen Tunnel und Hallen. Noch immer werden sie von riesigen Kreaturen in Taucheranzügen beschützt.
Halt, Moment! Hatten wir diesem widerlichen Treiben nicht im ersten Bioshock ein Ende gesetzt? Hatten wir die so genannten Little Sisters nicht befreit oder wahlweise in den Himmel geschickt? Wieso also traben jetzt wieder Gören da unten rum und schlürfen mit gigantischen Nadeln rote Pampe aus Leichen?
Weil eine gewisse Sophia Lamb das so will. Warum sie das so will, werden wir Ihnen nicht verraten. Was wir Ihnen allerdings verraten: Eine alte Bekannte aus dem ersten Teil, die Forscherin Tenenbaum, hat etwas dagegen und schickt uns in Gestalt eines Big Daddys los, um Sophia Lamb das abscheuliche Handwerk zu legen.
Dass wir kein gewöhnliches Taucheranzugmonster verkörpern, sondern ein ganz persönliches Hühnchen mit Frau Lamb zu rupfen haben, soll allerdings nicht unerwähnt bleiben. Ebenso wie die Tatsache, dass Bioshock 2 auf den philosophischen Ansatz des ersten Teils verzichtet und Ihnen stattdessen eine klare Handlung ohne doppelten Boden vorsetzt, jedoch dabei nicht auf die eine oder andere Überraschung verzichtet.
Schade nur (und soviel sei verraten): Die Forscherin Tenenbaum verschwindet irgendwann völlig grundlos aus der Erzählung.
So üppig und farbintensiv das in Art déco errichtete Rapture in Bioshock 2 nach wie vor ist -- die Mischung aus Faszination und Abscheu, die der erste Teil bei uns hervorgerufen hat, will sich beim erneuten Besuch in der Unterwasserstadt nicht mehr so recht einstellen.
Wir kennen es eben schon. Zudem geht der Entwickler 2K Marin mit verstörenden Elementen und grotesken Charakteren recht sparsam um. Vergleichbare Schreckmomente wie das Zusammentreffen mit dem geistesgestörten Schönheitschirurgen oder die Entdeckung der Figuren des nicht minder wahnsinnigen Künstlers aus Bioshock fehlen in der Fortsetzung.
Das bedeutet aber nicht, dass Sie durch Rapture so gelöst wie über eine Blumenwiese hüpfen werden. Gefahren sind noch immer reichlich vorhanden, selbst für einen Big Daddy. Und was unternimmt man gegen Gefahren in der Unterwasserstadt? Genau, man kauft sich mit Adam mächtige Plasmide, also die Fähigkeiten, die uns schon im Vorgänger am Leben gehalten haben.
Obwohl Sie eigentlich einen der Beschützer der Little Sisters verkörpern, macht’s Bioshock 2 ähnlich wie der erste Teil. Wieder müssen Sie zunächst einen Big Daddy erledigen, um an eine Little Sister und so ans wertvolle Adam heranzukommen. Steht dann eines der Mädchen vor Ihnen, haben Sie die Wahl, die Droge aus dem Mädchen zu saugen und es so zu töten oder das Kind auf Ihre Schultern zu heben.
Wenn Sie sich für Letzteres entscheiden, geleitet Sie die Little Sister auf Knopfdruck zu einer von maximal zwei Leichen, aus der sie Adam ernten kann.
Danach will das Fräulein wieder in einen der zahlreichen Lüftungsschächte krabbeln. Dann haben Sie abermals die Wahl: Adam komplett ernten oder Kind retten? Wie schon in Bioshock wird skrupelloses Vorgehen mit mehr Adam, mitleidiges hingegen mit gelegentlichen Geschenken belohnt. Abermals beeinflussen Sie durch Ihr Verhalten maßgeblich den Ausgang der Geschichte.
Dass Sie die Little Sisters nun für sich arbeiten lassen können, ist nicht nur ein stimmiges Element in Bioshock 2, es hat zudem eine gehörige Wirkung auf die Spielmechanik.
Hatten wir beim Vorgänger noch bemängelt, dass kaum Köpfchen bei den Kämpfen in Rapture von Nöten war, weil man die meisten Konfrontationen mit roher Gewalt lösen konnte, so ist nun der geschickte Einsatz von Levelbesonderheiten, Plasmiden und Waffen oft ausschlaggebend über Leben oder Tod.
Wenn Sie eines der Mädchen zum Adam-Ernten abgesetzt haben, strömen zig Splicer aus den Löchern und wollen dem Kind an den Kragen. Wohl dem, der das Areal vorher sorgfältig für den anstehenden Kampf präpariert hat.
Fallenminen an Türen stoppen die erste Angreiferwelle, gehackte Überwachungs- oder Selbstschussanlagen nehmen sich weiterer Gegner an.
Im ersten Bioshock war uns das Leveldesign an vielen Stellen zu einfallslos. Diesmal sind wir größtenteils angetan, auch wenn’s hin und wieder immer noch schnarchig ist, wie beispielsweise im Hotel Sinclair, in dem es die obligatorischen eingestürzten Mauern hinauf in weitere Etagen geht.
Viele optionale Routen laden zum Erkunden ein. Dabei dürfen Sie auch über Dächer oder wackelig aussehende Stege hoch über den eigentlichen Straßen turnen, etwa in einem großem Viertel voller Shops und Restaurants.
In massig Räumen abseits des direkten Wegs warten Safes voller nützlicher Gegenstände. Allerdings gibt’s auch wieder den einen oder anderen nervigen Abschnitt, weil Sie das Spiel wieder zurück in bereits bekannte Gefilde schickt, um dort etwas zu erledigen.
Dann geht es oft gefühlte Kilometer in die Richtung, aus der man gerade gekommen ist. Dass in vorher besuchten und eigentlich von Gegnern befreiten Räumen wieder neue Splicer warten, macht’s nicht besser.
Im Gegenteil.
Immerhin arbeitet Bioshock 2 deutlich mehr als der Vorgänger mit dem kühlen, alles umgebenden Nass.
Im Big-Daddy-Taucheranzug müssen Sie zuweilen über den Meeresboden von A nach B. Das fällt allerdings in den meisten Fällen reichlich unspektakulär aus.
Nur in einer Sequenz bekamen wir wirklich Respekt vor dem Wasser, weil uns das Spiel zusätzlich einen (nicht wirklich vorhandenen) Zeitdruck suggerierte.
Online-Aktivierung
Wie schon der Vorgänger muss Bioshock 2 vor dem Spielstart über eine Internet-Verbindung aktiviert werden. Wenn Sie den Multiplayer-Modus spielen oder Erfolge (Achievements) freischalten wollen, müssen Sie zudem bei Windows Live angemeldet sein.
Ungeschnitten
Obwohl Bioshock 2 nicht mit Gewaltdarstellungen und Bluteffekten geizt (und beispielsweise erlaubt, Gegner mit Speeren an die Wand zu tackern), erscheint der Titel hierzulande komplett ungeschnitten. Er hat die USK- Altersfreigabe »ab 18 Jahren« erhalten und darf damit nicht an Jugendliche verkauft werden.